Donnerstag, 28. Mai 2015

Zum 101. Todestag des Dichters Christian Morgenstern

Am 31. März 1914 verstarb der Dichter Christian Morgenstern in Meran an den Folgen einer Tuberkulose. Morgenstern gilt vielen Vegetariern als Verbündeter im Geiste, geht doch auf ihn das folgende Bonmot zurück:

«Wenn der moderne Mensch die Tiere, deren er sich als Nahrung bedient, selbst töten müsste, würde die Anzahl der Pflanzenesser ins Ungemessene steigen.»

Doch ist nicht bekannt, ob Morgenstern - er stand dem Begründer der Anthroposophie Rudolf Steiner nahe -  selbst der damaligen Mode in europäischen Künstlerkreisen folgte und sich fleischlos ernährte. Ein Gedicht aus seiner Feder, das im Zusammenhang mit den Debatten um Sinn und Unsinn des Veganismus eine ungeahnte Aktualität entfaltet, läßt, wenn vielleicht auch keine negative (Selbst-)Erfahrung, so jedenfalls eine kritische Haltung des Dichters zum Vegetarismus erahnen.
von Robert Bock

Der Hecht   

Ein Hecht, vom heiligen Anton
bekehrt, beschloss, samt Frau und Sohn,
am vegetarischen Gedanken
moralisch sich emporzuranken.  
Er ass seit jenem nur noch dies:
Seegras, Seerose und Seegries.
Doch Gries, Gras, Rose floss, o Graus,
entsetzlich wieder hinten aus.  
Der ganze Teich ward angesteckt.
Fünfhundert Fische sind verreckt.
Doch Sankt Anton, gerufen eilig,
sprach nichts als: Heilig! heilig! heilig!

(Christian Morgenstern (1871-1914))